105. – Am Anfang

Gabriel?

Ja, Gott?

Was machst du da?

Ich verfertige eine Ahnenreihe für die Menschen, Gott.

Aha.

Ja, Gott. Vom ersten bis zu den heutigen Menschen.

Warum?

Damit sie wissen, wie alt sie sind, damit sie ihre Endlichkeit begreifen, Gott.

Aha. Das ist aber ziemlich viel Text, Gabriel.

Ja, Gott, ist es.

Wie lange brauchen die Menschen, bis sie das durchgelesen haben?

Naja, Gott … so … fünftausendneunhundertdreiundachtzig Jahre. Und ein bisschen.

Kannst du das nicht auf den Punkt bringen? Das ist eine sehr lange Zeit für Menschen.

Stimmt, Gott … Aber soll ich lügen?

Nenne es »Poesie«.

Ah. Okay. Dann machen wir das so, dass es aussieht, als gäbe es die Erde seit sechstausend Jahren. Ich kürze einfach ein paar Namen weg. Das finde ich gut, irgendwie … postmodern-selbstreferenziell, Gott.

Ja, Gabriel. Selbstreferenziell. Klingt doch gut.

[Geschäftiges Schweigen]

Gabriel?

Ja, Gott?

Musst du mich so nennen?

Du meinst »Gott«, Gott?

Ja, das meine ich, Gabriel.

Warum nicht?

Naja, Gabriel, schau … Die anderen »Götter« sind alle tot. Das behagt mir nicht.

Okay. Darf ich es trotzdem »Gottes Wort« nennen?

Von mir aus, meinetwegen. Und wie fängt es an?

Wie wär’s mit: »Am Anfang«?

Gut, Gabriel, sehr gut.

erstes Kapitel

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