137. – Love thy Neighbour (Nibelungentreue)

Ich hörte durch die Wand, wie er sie schlug.
Es klatschte. Kein Laut. Wohl nicht zum ersten Mal.
Kein Klagen. Ich lauschte. Wimmern.

Zuvor hatte ich gehört, wie sie auf Juden schimpften. Wenn
ihrer beider politische Ansichten so bindend seien wie
ihrer beider Vorstellungen von Untergebenheit und Treue,

»dann hätt’ sie sich jetzt keine eingefangen.«
So etwas in der Art sagt er, als ich mit Uniformen vor
ihrer beider Tür stehe. Durch diese Wand

hatte ich wohl darum zuvor nie lustvolle Laute
eines Liebesspiels vernommen. Und wie
ist Judenhäme Politik? Verbündete, die beiden.

Uns trennt nicht nur die Wand. Des Verrats
bezichtigt er mich noch, des Dolchstoßes von hinten.
(Als hätt’ ich ihn geküsst. Als hätte ich Partei ergriffen.)

Im Zweikampf wäre er mir unterlegen,
denk’ ich. Eins aufs Maul, dem Schwein.
Uns hatte nur die Wand getrennt.

Ilse war mir dankbar, und ihr abgeführter Mann
zog lange nicht mehr ein, nicht
bevor ich endlich umgezogen war.

Sie war mir noch lange dankbar, denn ich hatte
kurz das Telefon benutzt, Straßenschuhe angezogen,
und vier Schritt’ vor meine Wohnungstür getan.

Ich hatte mir nicht zugetraut, allein vor ihn zu treten.
Und ich hatte keine Schuhe angehabt. War es
mein Zorn oder seiner, dem ich nicht gewachsen war?

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