57. – Flügelschlag

Unter freiem Himmel standen wir damals, wie es für Gewitter – zumal in Baumesnähe – stets empfohlen wurde; und noch wird.
Gleichwohl: Der Blitz, der mich schlug, reiht sich zwischen Ende und Anfang ein. Er war getragen von einer Gewalt, die mich bis dahin nicht zu fassen vermocht hatte. Seine Folge war vorerst nur ein Sturz, doch sein Vermächtnis bleibt: eine Wunde, ein Mal.
Ein Baum war ich; mein rechtes Schulterblatt die Krone, mein linker Fuß sein Wurzelwerk. Eins mit den Wolken und dem freien Feld. Ein Feld war ich. Eins, wenn auch nicht ganz allein. Dem Erdboden verhaftet, ihm gleich. Eins war ich. Eins. Ich.
Ein Schuh und ein Zeh blieben beim Loch zurück, beim schwarz-grauen Muster im grünen Feld; im Feld, das keine Lichtung war, eher ein verlassener Acker. Und ein Teil meiner treuen, träumenden Seele entwich, als fremde Männer uns sorgsam forttrugen. Uns.
Denn der Blick meiner Gefährtin, der mir zagend Schutzbefohlenen, vertrübte in meinem Arm, unter meinem ohnmächtigen Geäst. Bei meiner eigenen »Erleuchtung«, wie ich damals zunächst fand.
Doch heute: Ein herber Tausch. Ich sehe sie und sie mich nicht. Ich liebte sie.
Die Zuflucht unter Bäumen bleibt; als Möglichkeit, als Schutz, als Flucht – als Fluch. Als Neubeginn.

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