Er hatte ihr
Ihren verlorenen Verstand
Nachgetragen
Als fiele diese Last ihm
Allein dadurch schwerer
Als ihr
Dass sie ihm lediglich
letztendlich seinetwegen
Vorausgegangen war
25 Freitag Mär 2016
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inEr hatte ihr
Ihren verlorenen Verstand
Nachgetragen
Als fiele diese Last ihm
Allein dadurch schwerer
Als ihr
Dass sie ihm lediglich
letztendlich seinetwegen
Vorausgegangen war
27 Donnerstag Aug 2015
Walter hat mich immer mit „Heil Hitler“ begrüßt, wenn ich – einen Freund besuchend – an seiner Veranda (der „porch“) vorbei ging. Er mochte meinen „german“, wie er fand, Marschschritt. Walter war einige Jahre älter als ich, ein junger US-Amerikaner polnischer Abstammung, der seine ödipalen Konflikte passiv-aggressiv auslebte, indem er Begeisterung just für das System zum Ausdruck brachte, das seinen Vater und seine Mutter in den 40ern zur Ausreise nach Amerika gezwungen hatte. Walters Vater sprach nie mit mir. Ich war ein deutsches Kind. Mir war Hitler egal; ich wusste damals nichts von Nationalsozialismus oder Konzentrationslagern; Deutschland lag hinter mir. Ich erzählte aber meinem amerikanischen Stiefvater von Walter und von dessen kuriosen Art, mich zu begrüßen. Mein Stiefvater, der zur Zeit des Vietnamkrieges in Berlin als Soldat Dienst getan und hier meine Mutter kennengelernt hatte, suchte Walter auf und künftig verschwand Walter immer von der Veranda, wenn ich vor seinem Haus vorbeiging. Ich habe nie gefragt, welcher Art genau der Austausch zwischen den Beiden war. Ich hatte zu viel Respekt vor meinem Stiefvater.
20 Dienstag Jan 2015
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inAn der Ecke spricht mich ein Junge an, fast alt genug, um cool zu sein. Vielleicht elf? Lederjacke. Er fragt mich, ob er seine Mutter anrufen könne; er warte seit einer halben Stunde hier auf sie. Er meint mein Handy. Es ist ihm unangenehmer als er zeigen will. Er könnte höflicher sein. Ich bitte ihn, mir die Nummer zu sagen, damit ich sie eintippen kann. (Ich vermute, er könnte schneller rennen als ich und ich will ihm das Handy nicht ohne Weiteres aushändigen. Vertrauensbildende Maßnahme.)
Ich tippe ein und frage nochmal nach, um zu sehen, ob die Nummer sich ändert (weil sie vielleicht ausgedacht ist). So langsam sehe ich Anzeichen von Stress, oder eher Kummer in seinem Gesicht – aber die Nummer ist zweimal dieselbe und ich zeige ihm das Eingetippte und tu so, als wäre ich ungeschickt, damit er mein Misstrauen nicht spürt. Nummer stimmt. (Hand aufs Herz: Wie viele von euch kennen die Handynummer eurer Mutter auswendig?) Ich gebe ihm das Handy. Er schimpft sehr kurz arabisch ins Handy, wendet sich ab, weint aber nicht und gibt mir schnell das Handy wieder und drückt mich beiläufig ziemlich uncool: „Danke! Sie kommt gleich. Danke. Danke.“