[Zu dem Link im Kommentar von „sus rawitz“, meinen letzten Eintrag „Am Rande“ betreffend.]
Ja, Streik … An Streik macht sich Vieles fest. An der Idee der kollektiven Verweigerung. Bündnisfreiheit. Lobbyismus von unten.
Es wäre schön, wenn Beschäftigte in Heimen stärker organisert wären. Und wenn die sie vetretenden Gewerkschaften fantasievoller verhandeln würden. (Leute mit „vollen“ Stellen in Heimen und mit Wechselschichtdienst sollten deutlich geringere Arbeitszeiten haben als Angestellte mit regelmäßigen Arbeitszeiten an Arbeitsplatzen, die nicht die Lebensbereiche ihrer KlientInnen darstellen. Die bisherigen Zulagen und Zuschläge sind reine Makulatur, machen, da sich alles darauf einrichtet – auf Geld statt Zeit -, sogar noch abhängiger von unsozialen Beschäftigungsverhältnissen.)
Gut, dass das Modell „Stationäres Wohnheim“ ausläuft, zumindest unter Konkurrenzdruck gerät. (Es werden sicherlich die Zahlen der Wohnheime und der HeimbewohnerInnen weiterhin steigen, da der Bedarf zunimmt. Aber die ambulanteren Versorgungsmodelle spielen im Sozialsystem eine immer anerkanntere Rolle. Es stellt sich heraus, dass die gesellschaftlichen Kosten nicht so viel höher sind, wenn Hilfebedürftige daheim versorgt werden.) Spannend: Wie soll man kollektiv die Interessen von Leuten vertreten, die nicht mehr wegen vergleichbaren Hilfebedarfs zusammengepfercht werden? Wie sieht es um ihre Lobby aus?
Lässt sich in diesem Komplex eine Beziehung zu meinen Bedenken zu Berufs-PolitikerInnen und -KünstlerInnen herstellen? Aber ja doch! Kooptation. Alle Berufe betreiben eine mehr oder weniger ausdrückliche Auswahl, wer zu ihrer Profession gehören „darf“ oder nicht. „Qualifikation“ genannt, stark ans Bildungssytem gebunden. In den Bereichen der Künste wird dieser Effekt durch die neuen Medien aufgelöst und durch neue Zielgruppen-Differenzierungen abgelöst. Die Rolle der Verlage, ihre Aufgabe, hat sich stark verändert.
Kooptation stellt von außerhalb der kooptierenden Gruppe eine Bündnisunfreiheit dar. Da geht es um Gruppen, in die man reinwill. Zum Beispiel, um berühmt zu werden, oder reich oder einfach anerkannt.
Bei Heimen ist eher so, dass die Wahl (wo es sie gibt) auf diejenige Einrichtung fällt, die am wenigsten grässlich erscheint. (In der Regel werden aufgrund der privat kaum zu stemmenden Kosten, die zuständigen öffentlichen KostenträgerInnen entscheiden, wo und vom wem die Hilfe zu gewähren ist.)
In Kunst- und im Politikbetrieb führt eine bestimmte Form von Ehrgeiz (dass man dazugehören will, ohne etwas Eigenes, Authentisches zu leisten) dazu, dass die Gruppe bedient wird, statt dem Klientel/dem Publikum zu dienen (mit Vielfalt und Innovation).
Ironischerweise ist es so, dass diese Ehrgeiz-Dynamik als Argument benutzt wird, um zu rechtfertigen, dass helfende Berufe nicht zu hoch vergütet werden sollten. Es solle Helfenden nicht ums Geld gehen. Stimmt. Aber ich sehe da noch eine Menge Spielraum. Das Wohnen in Heimen muss teurer werden.
(Damit in Heimen Beschäftigte mehr Zeit für ihre Blogs haben.)